Der Druck ist hoch und die Vorzeichen stehen auf Konflikt: Erst am Verhandlungstisch, wenn nötig in der Auseinandersetzung in Form von Warnstreiks und weiteren betrieblichen Aktionen. Das ist das Signal, das am heutigen Tag von der tarifpolitischen Konferenz der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ausgeht. Im Erlebnis Zoo der niedersächsischen Landeshauptstadt haben sich die Metallerinnen und Metaller vor dem Start der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie, wo am 12. September in Hannover die erste Verhandlung ansteht, eingestimmt. Die Verhandlungen der Volkswagen AG und der VW-Tochterunternehmen starten ebenfalls im Herbst.
Thorsten Gröger, Verhandlungsführer der Metallindustrie in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie bei der Volkswagen AG, richtete an die Adresse der Arbeitgeberseite deutliche Worte: „Es ist fünf vor zwölf. Der Inflationsdruck ist gewaltig, die Beschäftigten brauchen endlich eine spürbare Entlastung im Portemonnaie. Die Unternehmen sind in der Pflicht den Kolleginnen und Kollegen eine deutliche Entgeltsteigerung an die Hand zu geben und so die Kaufkraft im Land weiter am Leben zu erhalten. Es ist der private Konsum, der Motor der deutschen Industrie, der den Laden am Laufen hält. Wenn diese Impulse abgewürgt werden, dann schießen die Arbeitgeber einen richtigen Bock. Für uns ist klar: Wir werden in dieser Tarifrunde keine kleinen Brötchen backen. Auch wenn die Arbeitgeberverbände landauf landab ihr gebetsmühlenartiges Klagelied vom Niedergang der deutschen Wirtschaft predigen, muss in Zeiten von Rekorddividenden und guten Quartalszahlen auch ein Ausgleich für die Beschäftigten geschaffen werden. Sie leiden massiv unter den Auswirkungen der erdrückenden Teuerungen. Um real nicht weniger zu verdienen als im Vorjahr, braucht es eine satte Tariferhöhung!“
„Wenn nächste Woche in Hannover die Verhandlungen starten, ist eines klar: Wir lassen uns nicht auf die lange Bank schieben und mit Ausreden vertrösten. Die Stimmung in den Belegschaften ist motiviert – die Kolleginnen und Kollegen sind bereit ihren Forderungen auch Nachdruck zu verleihen. Wir konnten in den vergangenen Tarifrunden auf Abstand und im Homeoffice die Beschäftigten zu Warnstreiks mobilisieren – entgegen der Hoffnungen und Erwartungen der Arbeitgeber – und scheuen den Konflikt auch 2022 nicht. Auf heiße Verhandlungen kann ein stürmischer Spätherbst folgen.“, so Gröger weiter.
„Die Arbeitgeber dürfen sich nicht auf ihren von den Belegschaften erarbeiteten Gewinnen ausruhen. Die Beschäftigten haben angesichts der enormen Preisentwicklung eine dauerhafte und ordentliche Erhöhung ihrer Entgelte bitter nötig und verdient. Das dritte Entlastungspaket aus Berlin hilft trotz wichtiger Weichenstellungen den Durchschnittshaushalten nur unzureichend. Firmen können steigende Preise leicht weitergeben, Beschäftigte können das nicht. Wir warnen: Wer mit einer Null-Bock-Haltung in die Verhandlungen startet, provoziert unsere Mitglieder und die Beschäftigten enorm.“, so Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, auf der Veranstaltung in der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Neben den kämpferischen Worten der Gewerkschafter folgte ein intensiver Austausch über die Tarifrunde 2022 sowie ein Impuls durch den wissenschaftlichen Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung Sebastian Dullien. „Die schon gestiegenen Energiepreise und die absehbar weiter steigenden Gas- und Strompreise zehren bei Familien bis weit in die wirtschaftliche Mitte die Kaufkraft auf, sorgen für sozialen Sprengstoff und erhöhen das Risiko einer konsumgetriebenen Rezession”, führt Dullien in Hannover aus. „Mit den richtigen Tarifabschlüssen und weiteren staatlichen Entlastungen wie einer zügigen und großzügigen Umsetzung der Gaspreisbremse und möglicherweise einer weiteren staatlichen Energiepauschale kann dieses Risiko verringert werden.“
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