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Keine Lösung im Tarifkonflikt innerhalb der Friedenspflicht erzielt

Volkswagen folgt jedoch Gesprächspfad der IG Metall über Perspektiven für alle Standorte


Weiter kein Durchatmen für die Volkswagen-Beschäftigten: Auch die dritte Tarifverhandlung zwischen IG Metall und Volkswagen AG brachte am Donnerstag keinen Durchbruch. Weiterhin schwebt das Damoklesschwert von Standortschließungen sowie Kündigungswellen über dem Verhandlungstisch, da der Autobauer auch bei der heutigen Zusammenkunft zwischen Unternehmen und Arbeitnehmerseite jene Szenarien nicht final abräumen wollte. Bereits am Mittwoch hatte Personalvorstand Gunnar Kilian verlauten lassen, dass man weiter nicht ausschließen könne, Fabriken für immer dichtzumachen. Die Vertreter des VW-Vorstandes willigten jedoch am Donnerstag immerhin ein, einem Gesprächspfad zu folgen, an dessen Ende aus Sicht der IG Metall Werksschließungen sowie betriebsbedingte Kündigungen vom Tisch sind und es eine faire Lastenteilung geben muss.

 


Die Tarifverhandlungen in der Volkswagen Arena in Wolfsburg wurden von lautstarken Protesten begleitet. Rund 7.000 Volkswagen-Beschäftigte versammelten sich in ihrer Freizeit oder während ihres Urlaubs, um ihren Unmut über die Kahlschlagspläne des Vorstands und die in der zweiten Tarifverhandlung präsentierte „Giftliste“ von VW zum Ausdruck zu bringen. Diese Liste sieht unter anderem eine pauschale Absenkung der Entgelte um 10 Prozent vor sowie eine Nullrunde für die Tarifrunde 2024, die Streichung der monatlichen Tariflichen Zulage (167 Euro), die Abschaffung von Jubiläumsgratifikationen für langjährig Beschäftigte sowie eine massive Reduzierung der Ausbildungskapazitäten.

 

Im Vorfeld der Verhandlung hatten IG Metall und VW-Gesamtbetriebsrat Eckpunkte eines Gesamtkonzeptes für die Zukunft Volkswagens präsentiert – jener Perspektivplan wurde in den Tarifverhandlungen am Donnerstag auch der Arbeitgeberseite unterbreitet und weiter vertieft. „Damit sind wir in die Offensive gegangen und haben das gemacht, was eigentlich Aufgabe des Managements wäre: Nämlich einen Plan für die Zukunft zu skizzieren, statt nur rabenschwarz für eine Abwärtsspirale zu sorgen. Mit unserem Gesamtkonzept tragen wir Verantwortung in schweren Zeiten und gehen dabei bis an unsere Schmerzgrenze mit eigenen Beiträgen, die die Beschäftigten einbringen – insgesamt ein Volumen auf Arbeitskostenseite von 1,5 Milliarden Euro“, so Thorsten Gröger, IG Metall-Verhandlungsführer.

 

IG Metall und Gesamtbetriebsrat schlugen so exemplarisch vor, dass die kommende Tariferhöhung bei VW befristet als Arbeitszeit in einen solidarischen Zukunftsfonds eingebracht werden soll. Darüber bekäme das Unternehmen ein Instrument, um bei Bedarf flexibel Arbeitszeiten abzusenken. Falls also durch den Strukturwandel in Produktion oder Verwaltung Unterauslastungen entstehen, würde der Fonds helfen, Personalabbau weiterhin sozialverträglich gestalten zu können. Auch auf zwei Jahre wäre die Arbeitnehmerseite im Gegenzug für ein Gesamtpaket aus neuen Sicherheiten gesprächsbereit, über die Einbringung von Teilen der Ergebnisbeteiligung zu diskutieren. Teil des Gesamtplans der Arbeitnehmerseite bei Volkswagen muss dafür aber zwingend sein, dass sowohl die Vorstände, das Management und auch die Anteilseigner signifikante Einschnitte akzeptieren, um in die Zukunft des Automobilherstellers zu investieren. Zugleich erwartet die Gewerkschaft, dass Perspektiven für alle Standorte geschaffen werden und eine neue Beschäftigungssicherung aufgesetzt wird.

 


Die VW-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo betonte zum Ende der Gespräche am Donnerstag: „Der Vorstand provoziert seit Wochen maximal mit historischen Tabubrüchen: Werksschließungen, Massenentlassungen, Tarifeinschnitte. Und trotzdem ist die Arbeitnehmerseite in die Offensive gegangen und hat dem Vorstand eine Kompromisslinie aufgezeigt. Es ist jetzt am Unternehmen, sich zu bewegen und auf die IG Metall zuzugehen. Ende November endet die Friedenspflicht – und es beginnt damit die Möglichkeit für die Belegschaft, dem Vorstand zu zeigen, dass sie bereit ist, für ihre berechtigten Forderungen auf die Straße zu gehen.“

 

Am Verhandlungstisch zeigte sich das Unternehmen zunächst interessiert am Konzept der IG Metall und würdigte auf der Tonspur auch die Lösungsbereitschaft der Arbeitnehmerseite noch vor Weihnachten zu einer Einigung zu kommen. Nachdem in der zweiten Tarifverhandlung der Türspalt durch VW, doch über Perspektiven für alle Standorte zu sprechen, geöffnet worden war, wurde dieser in der dritten Runde durch das Unternehmen nicht zugeschlagen, aber auch nicht weiter geöffnet.



Bis zum nächsten Aufeinandertreffen der Tarifvertragsparteien wird die IG Metall ihre Möglichkeiten der gewerkschaftlichen Überzeugungshilfe nutzen. Mit dem Ende der dritten Tarifverhandlung und der Terminierung der Fortsetzung der Tarifgespräche auf den 9. Dezember ist eines klar: Innerhalb der Friedenspflicht wird es keine Lösung für die Volkswagen-Beschäftigten geben. „Wir werden uns auf ein Eskalationsszenario ab Anfang Dezember vorbereiten. Wenn nötig, dann wird es ein Arbeitskampf werden, den die Bundesrepublik so seit Jahrzehnten nicht erlebt hat“, macht Verhandlungsführer Gröger unmissverständlich deutlich. Die Friedenspflicht läuft zum 30. November 2024 aus, in der Folge wären theoretisch ab dem Folgetag Warnstreiks möglich.

 

Der Haustarifvertrag bei VW gilt für die sechs Standorte der Volkswagen AG (Braunschweig, Emden, Hannover, Kassel, Salzgitter und Wolfsburg) sowie bei den VW-Töchtern Financial Services, Immobilien und der dx.one GmbH.

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